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Zugfahrt durch die Alpen

Juppi, ich bin zurück in der Zivilisation von Christchurch.

 

Langsam hält der Herbst Einzug in Neuseeland. Das ist mir auf der heutigen Zugsfahrt mit dem TranzAlpine von Greymouth nach Christchurch aufgefallen. Abgesehen davon, dass es deutlich kälter ist als vor ein paar Wochen, färben sich die Blätter an den Bäumen gelb. Von zuhause erhalte ich diese schönen Frühlingsbilder und hier... Herbst im März. Verkehrte Welt. Daran muss ich mich noch gewöhnen.

 

Der TranzAlpine gehört zu den sogenannten "Great Journeys of New Zealand": Die Fährüberfahrt Interislander von der Nord- auf die Südinsesl (Wellington - Picton) zählt dazu, sowie die idyllischen Zugsstrecken Coastal Pacific (Picton - Christchurch), TanzAlpine (Christchurch - Greymouth ) und auf der Nordinsel der Northern Explorer (Auckland - Wellington). Ausser mit Letzterem bin ich mit allen gereist. Mit dem Coastal Pacific allerdings nur eine Teilstrecke von Picton nach Kaikoura.

 

Eine der tollsten Zugsstrecken rühmt Lonely Planet den TranzAlpine. Ja, kann ich unterschreiben. Wobei, ich zugeben muss, so langsam wiederholt sich alles ein wenig. Trotzdem schön. Und ich verstehe nicht, wie man dafür 200 NZD ausgibt und dann die 4 1/2 Stunden liest, schläft oder Kreuzworträtsel löst, ohne kaum aus dem Fenster zu schauen. Rausgeworfenes Geld.

 

Hupend verliess der Zug den Bahnhof Greymouth kurz nach 14 Uhr. Die Strecke führte vom Tasmanischen Meer, wo Greymouth liegt, durch die Southern Alps über den Arthur's Pass (lächerliche 737 M.ü.M.) an den Pazifik nach Christchurch. 223 km wechselnde Landschaft über Brücken, durch Tunnels und Schluchten. Dabei beobachtete ich Schafe, Hasen, Rinder, Alpakas, Enten, Pferde, Vögel und sogar schottische Hochlandrinder. Manchmal alle auf einmal.

 

Über Kopfhörer kam ein Kommentar ab Konserve. Diese Dame hat dermassen viel gelabert. Das war sogar für einen wissbegierigen Menschen wie mich too much. Ich habe sie "ausgestöppselt" und Ed Sheeran eingstöppselt.

 

In Christchurch fühlt es sich an wie heimkommen. Ich habe ins gleiche Hotel eingecheckt, wie bei meinem ersten Besuch hier. Nach dem Motto "Home is where your WiFi connects automatically" musste ich nicht einmal das WiFi Passwort neu eingeben. 


Ein paar Worte zu Tante Corona

Gemäss meinem letzten Stand gibt es rund 10 Infizierte in Neuseeland und ich glaube, nur eine Ansteckung innerhalb des Landes (eine dänische Touristin). Die anderen kamen krank aus den Ferien/von einer Kreuzfahrt heim. Was in der Schweiz abgeht, ist für mich deshalb schwer vorstellbar.

 

Hier ist es mehr oder weniger ruhig. Noch. Im einen oder anderen Supermarkt wird vermehrt Desinfektionsmittel, Taschentücher und Toilettenpapier gekauft. Aber es finden längst keine Hamsterkäufe statt. Noch. Alle sozialen Einrichtungen wie Kinos, Theater, Einkaufsläden, Sehenswürdigkeiten, etc. sind offen. Noch.

 

Nun hat die Regierung die Grenzen dicht gemacht. Rein kommt keiner mehr, der nicht sofort 14 Tage in self-isolation geht. Gestern kam dann die Ankündigung, dass Air NZ per 30. März diverse Flugverbindungen nach Amerika und Asien kappt. Das betrifft mich insofern (oder doch nicht), weil ich von Auckland nach Tokyo fliege. Diese Verbindung ist auch auf der Liste. Allerdings steige ich (spätestens) am 25. März in den Flieger nach Narita. Das war von Anfang an so geplant.

 

Stand heute knicke ich lediglich meinen knapp einwöchigen Aufenthalt in Japan. Anstatt ein wenig durch dieses wunderschöne Land zu reisen, übernachte ich am Flughafen und fliege am nächsten Morgen gleich weiter nach Zürich. Wenn alles klappt, bin ich also am 26. März zurück in der Schweiz, anstatt am 1. April.

 

Diese Entscheidung habe ich am Wochenende getroffen und meine liebe Freundin und beste Reiseberaterin der Welt, Andrea S., hat alles für mich geregelt. Und das erst noch kostenlos. Sogar das bereits gebucht Hotel in Tokyo für die letzte Nacht konnte ich gratis stornieren und sollte das Geld zurückbekommen (obwohl es eigentlich nicht rückerstattbar ist).

 

Ich habe keine Angst, mich in Japan anzustecken. Die Gefahr ist in der Schweiz momentan wohl viel grösser. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis weitere Flüge, notabene, die der Swiss eingestellt werden. Dann sitze ich fest. Wer weiss für wie lange. Viele sagen mir, bleib doch in NZ und reise noch ein wenig länger rum. Solange alles offen ist und der öffentliche Verkehr funktioniert, ist das kein Problem. Aber auch hier … es ist eine Frage der Zeit bis der «Lockdown» kommt. Was mache ich dann? Mich im Hotelzimmer zum Sudoku Champion trimmen?

 

Da bin ich doch lieber in meinen eigenen vier Wänden eingesperrt. Dort habe ich tausend Dinge, die ich erledigen kann: Lesen, Fotobücher erstellen, alte Bilder endlich digitalisieren, Filme kucken, Frühlingsputz in der Küche, Balkon und Keller entrümpeln, meine Portugiesisch Hausaufgaben (ich muss mindestens ein halbes Jahr nachholen) aufarbeiten, Piccolo Märsche üben (die armen Nachbarn), Kleiderschrank ausmisten, Bewerbungen schreiben, basteln, schlafen, endlich ein Buch schreiben usw.

 

Lange Rede, kurzer Sinn: Wir sehen uns («Holz aalänge» und Stand heute) ab dem 26. März wieder in der Schweiz.


Erkenntnisse des Tages

  • Komisches Gefühl in Neuseeland von den Alpen zu sprechen. Die sind doch bei uns.
  • Schon lange nicht mehr so viel Lachs gegessen, wie auf der Südinsel.
  • Wie ich unter den momentanen Umständen eine neue Stelle finden soll, weiss der Geier.
  • Es gibt auf Englisch tatsächlich den Ausdruck "Dieselazation" (Dieselisierung der Zügen).
Gepäckförderband wie am Flughafen
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Auf dem Hinflug war sie noch 21 kg
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Ein wenig Wellness im Hotelzimmer tut gut
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