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Willkommen bei Linda und Guy im Nirgendwo

Mein Französisch wird immer besser. Ja, mein FRANZÖSISCH. Englisch kann ich ja schon.

 

Er spreche nicht gut Englisch, erklärte mir Guy bei der Vorstellungsrunde. Sein Akzent verriet ihn sofort. Ein Franzose. Darum "kehrte ich mein Gebiss" ein weiteres Mal diese Woche und sprach ihn direkt in seiner Muttersprache an. Das Eis war gebrochen. Wir sind jetzt beste Freunde. Seine Frau Linda, eine Kiwi, spricht ebenfalls sehr gut Französisch, einfach mit einem grauenhaften Akzent. Somit parlierte ich die meiste Zeit meines Aufenthalts im Matakohe Bed & Breakfast en français. Kann ja auch nicht schaden, diese Sprache mal wieder aufzufrischen. So im Hinblick auf die kommende Jobsuche. 

 

Dieses B&B ist definitiv am Ende der Welt. Um dorthin zu gelangen, fährt man das letzte Stück auf einer Schotterstrasse. Rundherum nur Weiden, Hügel und in der Ferne das Meer. Es ist still hier. Auch tagsüber. Die Vögel zwitschern, der Wind rauscht in den Bäumen, Bienen summen, Kühe muhen und ein paar Schafe blöken. Es ist einfach W U N D E R B A R hier! Heute Nacht bin ich der einzige Gast von Linda und Guy Bucchi in ihrem "Petite Provence". Zum Znacht serviert mir Linda eine herrliche Platte mit frischen Tomaten, Gurken, Avocados, Käse, Gemüsequiche und eine selbstgemachte Gazpacho. Auf der Terrasse sitzend denke ich: "La vie est belle" und bereue es schon, dass ich am nächsten Tag weiter muss.

 

Linda setzt sich ein wenig zu mir, offeriert mir ein Glas Weisswein und plaudert über Gott und die Welt. Dabei fragt sie mich, ob es mir nichts ausmacht, so alleine zu reisen. Nein, eigentlich nicht. Wenn man niemanden hat, der mit einem auf dieses Abenteuer geht, gibt es zwei Möglichkeiten: Man bleibt zuhause und trauert der verpassten Möglichkeit nach. Oder man packt die Chance und tut es halt trotzdem. Alleine. Sie erzählt von ihren jungen Jahren, als sie auch alleine unterwegs war. Autostopp in Australien (dort hat sie Guy kennengelernt). Würde sie heute nicht mehr machen (also nicht das mit Guy - Autostopp). Ich auch nicht. Die Zeiten haben sich geändert. Linda erzählt mir, dass sie polynesische Wurzeln hat. Ihre Mutter sei aus Tonga gewesen und hätte 17 Kinder von 17 verschiedenen Männern gehabt. Eines mit einem Europäer. Also Linda. Dann steht sie auf. Sie müsse noch die Opossum-Falle auslegen. Die Viecher sind eine Plage in Neuseeland und machen alles kaputt. Na dann, gute Nacht.

 

Beim Frühstück beobachtet mich im Garten ein wilder Hase. Wo gibt's denn sowas. Dann begrüsst mich Guy und fragt, ob ich gerne seine Werkstatt sehen möchte. Nach seiner Pensionierung mit 55 (!!) hat er seine Liebe für das Herstellen von Möbeln entdeckt. Vor allem Stühle haben es ihm angetan. Als ich seine Werke sehe, wird mir klar: Das ist nicht irgend ein Hobby-Möbelschreiner. Guy ist Künstler. Er habe auch schon in die Schweiz verkauft. Viele Architekten und Innendesigner zählen zu seinen Kunden. Diesen Sommer geht er auf eine Messe nach Châteauneuf-du-Pape. (--> Anmerkung zum Stuhl auf dem letzten Bild: Wäre vielleicht was für meine Schuggerfreunde. Für das nächste mühsame Verhör. 😀)

 

Ich steige wieder in meinen Corolla und mache mich auf den Weg nach Auckland. Kurz halte ich noch am Kauri Museum in Matakohe. Diese mächtigen Bäume sind die grössten und berühmtesten der in Neuseeland beheimateten Bäume. Der grösste existierende Baum hat ein Durchmesser von 4.4 Metern und misst 17.7 Meter bis zum ersten Ast. Die Ausstellung ist mit viel Liebe gemacht. Aber ich habe heute einfach keine Lust auf Museum. Also bin ich nach 50 Minuten raus, fahre die zwei Stunden nach Auckland und gebe mein Auto bei Avis zurück.

 

Und morgen gehe ich zur Post.


Anmerkung zu Manfred's Kommentar

Nein, ich bin sonst tatsächlich nicht so und esse im Ausland Fondue und Älplermagrone. Aber ich hatte Lust auf ein Glacé und Mövenpick war die einzige Auswahl. Und bei aller Freundschaft... aber an Leo kommst du nicht ran. 😆


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Kommentare: 2
  • #1

    Manfred (Donnerstag, 23 Januar 2020 01:44)

    So coool! Parallelen scheint es auf der ganzen Welt zu geben: Lindas Französisch mit grauenhaftem Akzent, das aber sehr gut ist; Wie die Basler, die sprechen sehr gut Schweizerdeutsch, einfach auch mit einem grauenhaften Akzent......Hihi, aber nach 27 Jahren als Bieler in Basel darf ich auch mal....Übrigens verstehe ich auch ein bisschen Französisch, parc‘que j‘ai passé ma jeunesse presque Bienne!
    Dass es dich zu Linda und Guy verschlagen hat freut mich sehr! So wie Du berichtest, sind sie Leute vom Land und gut verwurzelt, aber auf Grund ihrer Vergangenheit dürfte ihr Horizont umfassend und ihr Fokus weit sein! Bei solchen Menschen erfährt man in der Regel Authentizität in Reinkultur!
    Zur Anmerkung betreffend dem Stuhl zum Verhör auf dem letzten Bild: Genau das ärgert mich! Nein, nein, nein und nochmals non! Du glaubst doch nicht, dass wir je in Erwägung ziehen würden, eine Einvernahme, und sei sie noch so mühsam, derart grausam durchführen würden? Also ehrlich ! Ich bin entrüstet, um so mehr das formelle Strafrecht dies explizit verbietet und das materielle Strafrecht eine solche Strafe nicht vorsieht!
    Zum Schluss bin ich doch sehr erfreut, dass Du bei meiner Person von aller Freundschaft schreibst! Dachte schon der Leo übertrumpfe mich! Weit gefehlt! Du schreibst nicht ihm zurück, sondern mir und kochen kann ich auch besser als er! Danke für die Blumen Astrid! Übrigens, tolle, wirklich tolle Bilder! Wär gerne dabei! Aber hättest Du mich als Handgepäck versucht nach Neuseeland einzuschmuggeln, so hätten sie mich bei der Einreisekontrolle wohl als invasiven Neophyt in den poubellle ambulante ver-rammassiert....So genug nun, ich melde mich ab-bis morgen! Dein Leselämmchen!! Hihihi!

  • #2

    hanni (Donnerstag, 23 Januar 2020 04:27)

    ach.....selbscht die gschicht kunnt mir bekannt vor.....luschtig find ich das doppelt, weil ich sowas au i dere gegend erläbt ha, viilicht sogar de wiitempfernti nochber vo dänne! zu mim glügg sis aber hölländer gsi und i ha mi änglisch wiiter bruche könne...zwinker. apropo ellai unterwägs....irgdendwie stimmt das jo nit.....jedefalls ha i s gfühl bi dine gschichte, dass i nebe dir sitz....dangge das du uns so mitnimmsch,au wenn i lieber live nebe dra wäri. und i greu mi jetzt scho wenn du wiiter ane gosch mi lieblingslake und vulkan krützt sicher gli di wäg, kiwihanni